»Das einzigartig Mütterliche« - Jahrbuch der Psychoanalyse 16

von: Ilse Barande, Hermann Beland, Friedrich-Wilhelm Eickhoff, Wolfgang Loch, Edeltrud Meistermann-Seeger

frommann-holzboog Verlag Jahrbuch der Psychoanalyse, 1984

ISBN: 0009410016204 , 20 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

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»Das einzigartig Mütterliche« - Jahrbuch der Psychoanalyse 16


 

Der Begegnung Freuds (1909) mit dem Leonardo aus der Zeit um 1505 verdanken wir »Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci«. Dieses »Wiederfinden« der Fünfzigjährigen enthält zahllose Anzeichen, die uns überzeugen, ein Selbstbildnis Freuds sei die Quelle seiner so poetischen Schrift, wie auch bestimmend für die bezeichnende Gestaltung der dem Maler zugedachten Lebensgeschichte. Ebensovielen Umwegen - Freud zu den Müttern Catarina und Amalia führend - begegnen wir auf der aktiven Suche nach einer passiven Befriedigung. Das Kind Leonardo nach Freuds Vorstellung gleicht dem Jesuskind der »Heiligen Anna selbdritt«. Bezaubert und sorgenvoll weissagt Freud dem Künstler Lebensunglück und Arbeitshemmung voraus. Dieses Mißtrauen schwindet erst mit dem Tod von Amalia (1930) . . . da erst verfaßt Freud »Die Weiblichkeit«. Diese Entwicklung des einzigartig Mütterlichen weist Latenzzeiten auf und zeugt von einer doppelten Zurückhaltung hinsichtlich seines Habens wie seines Seins. Dies ist auch bezeichnend für die Entwicklung religiöser Glaubensrichtungen und Dogmen: von den antiken Muttergöttinnen zur Madonna mit dem Kind und schließlich zu Christus die Maria tragend. Denn dies Mütterliche setzt sich über die Geschlechts- und Generationsunterscheidung hinweg. Es formt Freud, wenn er sich Leonardo erträumt, wie dieser seine Mutter Catarina in den Himmel hebt. - Aber in aller Zurückhaltung verneint der Weltenschöpfer Freud seine Mutterschaft: Nicht er, sondern Leonardo ist der Schöpfer - wie auch der Vater des kleinen Hans in der »Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben«. So haben die Phantasie, von der Mutter verführt zu werden, und der Wunsch, die betörende Mutter zu sein, in der Verschiebung und Verneinung nach Art der »Ichspaltung im Abwehrvorgang« ihren Ausdruck gefunden, eine Spaltung, die als letztliches Erbe unserer Dualitäten, unserer Konflikte das Empfinden der eigenen Lebendigkeit bewahrt.