Ein Vater wird geschlagen: Konstruktionen in der Analyse männlicher Patienten - "Jahrbuch der Psychoanalyse 61 (50 Jahre ›Jahrbuch der Psychoanalyse‹)"

von: Rosine Jozef Perelberg, Claudia Frank; Ludger M. Hermanns; Elfriede Löchel

frommann-holzboog Verlag Jahrbuch der Psychoanalyse, 2010

ISBN: 0009410061205 , 21 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

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Ein Vater wird geschlagen: Konstruktionen in der Analyse männlicher Patienten - "Jahrbuch der Psychoanalyse 61 (50 Jahre ›Jahrbuch der Psychoanalyse‹)"


 

In diesem Beitrag habe ich die Phantasie »Ein Vater wird geschlagen« als einen bedeutsamen Organisator des psychischen Lebens vorgestellt. Sie taucht in den Analysen mancher Männer als Resultat der Behandlung auf. Das steht im Gegensatz zur Erfahrung anderer männlicher Patienten, die ihre Väter tatsächlich geschlagen oder aber wiederkehrende Tagträume gehabt haben, in denen sie andere Männer schlugen. Die Phantasie »Ein Vater wird geschlagen« muß nicht bewußt den tatsächlichen Vater meinen; der Vater erscheint als Resultat der Deutungsarbeit. Man hat es mit den Konturen einer dynamisch-unbewußten Phantasie zu tun. Ich habe zwei Beispiele vorgestellt, von denen eines aus meiner eigenen klinischen Arbeit stammt. Einen weiteren Fall, auf den wir in der Literatur treffen – den Fall des Patienten von Karl Abraham –, habe ich als ähnliches, zugleich aber auch kontrastierendes Beispiel herangezogen. Hier deutet ein wiederkehrender Kindheitstraum auf eine eher verfolgende Phantasie, die noch nicht in der gleichen Weise bearbeitet worden ist wie im Fall meines eigenen Patienten. Freuds Mythos, in dem der Vater ermordet werden muß, um als das dritte Element errichtet zu werden, mutet mich wie ein mythischer Bericht über den Prozeß des Erwachsenwerdens an: Die Eltern müssen von dem Heranwachsenden zerstört werden, damit er sich entwickeln und ein solides Gefühl seiner sexuellen Identität ausbilden kann (Perelberg 2009). Die Auseinandersetzung mit dem Ödipuskomplex und der Verzicht auf die inzestuösen Phantasien versetzen das Individuum in eine zeitliche Dimension. Das Objekt muß gewonnen werden, um verloren und schließlich repräsentiert zu werden, wie Freud mit der Analyse des »Fort-Da«-Spiels zeigt. Das setzt die Auseinandersetzung mit dem Wunsch voraus, den Vater zu töten oder »den Vater totzuschlagen«, wie dies in Mauros Analyse möglich wurde. Ich habe diese Phantasie »Ein Vater wird geschlagen« mittlerweile in mehreren Analysen männlicher Patienten angetroffen (siehe auch Perelberg 2007, 2009) und meine, daß sie in vielen Fällen eine bedeutsame Leistung darstellt. Sie setzt den Prozeß des Trauerns in Gang, der es den Patienten ermöglicht, mit dem Erleben ihrer eigenen Zeitlichkeit und Historisierung zu beginnen.