Ludwig Binswanger – Begegnung von Psychoanalyse und Philosophie - Jahrbuch der Psychoanalyse 37

von: Klaus Hoffmann, Friedrich-Wilhelm Eickhoff; Hermann Beland; Ilse Grubrich-Simitis; Ludger M. Hermann

frommann-holzboog Verlag Jahrbuch der Psychoanalyse, 1997

ISBN: 0009410037209 , 17 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

Mehr zum Inhalt

Ludwig Binswanger – Begegnung von Psychoanalyse und Philosophie - Jahrbuch der Psychoanalyse 37


 

Der Aufsatz zeigt, daß Freud während seiner Studentenzeit durchaus an Philosophie interessiert war, daß er sich in der »Traumdeutung« auf die Phänomenologie bezog, daß er aber gegenüber einer Integration von Philosophie und Psychoanalyse skeptisch blieb, während er sich auf seine praktische Arbeit mit neurotischen Patientinnen konzentrierte. Im Unterschied dazu sah Ludwig Binswanger, der Besitzer und Leiter des Sanatoriums Bellevue in Kreuzungen und einer der bedeutendsten Psychiater seiner Zeit, sich als Psychoanalytiker, der philosophische Fragen integrieren muß. Er war nicht nur einer von Freuds wichtigsten Freunden, er behandelte neurotische und psychotische Patientinnen psychoanalytisch. Binswanger blieb stets sehr an Philosophie interessiert und sah die Phänomenologie und die dialogische Philosophie als Grundlagenwissenschaft von Psychoanalyse und Psychiatrie. Er erkannte, daß vor allem seine psychotischen Patientinnen gesünder wurden, wenn der Therapeut ihnen existentiell begegnet. Schon 1913 kritisierte er Jaspers für seine Aussage, daß Kausalität stets mit Biologie zu tun habe. Dabei benutzte er Lipps’ phänomenologische und Freuds psychoanalytische Konzepte. In einem Aufsatz von 1923 betonte Binswanger, daß Husserls Phänomenologie mit ihrer Betonung der Wesensschau tiefe Einblicke auch in schwere psychopathologien gewähren kann. Auch später blieb Binswanger stets ein Mitglied der Schweizerischen Psychoanalytischen Gesellschaft, obgleich er sich mehr und mehr für Martin Heidegger und Martin Buber interessierte. Im Unterschied zu Medard Boss und Gion Condrau benutzte Binswanger die Daseinsanalyse nicht dazu, die Psychoanalyse zu bekämpfen. Für ihn blieb sie Grundlagenwissenschaft wie Weiterentwicklung der Psychoanalyse. Dies führte schließlich zum Bruch mit Heidegger. - In den fünfziger Jahren lobte Binswanger die Psychoanalyse der Schizophrenie, wie sie von Frieda Fromm-Reichmann, Karl Landauer, Harry Stack Sullivan und Gustav Bally entwickelt wurde, da sie das erfülle, wofür er, Binswanger stets gekämpft habe: eine verantwortungsvolle und existentielle Begegnung mit dem psychotischen Patienten.