Die Entstehung des Selbst im Dialog. Eine sprachanalytische Begründung des anthropologischen Fundaments der analytischen Therapie - Jahrbuch der Psychoanalyse 36

von: Wulf Hübner, Friedrich-Wilhelm Eickhoff; Hermann Beland; Ilse Grubrich-Simitis; Ludger M. Hermanns;

frommann-holzboog Verlag Jahrbuch der Psychoanalyse, 1996

ISBN: 0009410036202 , 27 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

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Die Entstehung des Selbst im Dialog. Eine sprachanalytische Begründung des anthropologischen Fundaments der analytischen Therapie - Jahrbuch der Psychoanalyse 36


 

Die sprachanalytische Reflexion der Freudschen Unterscheidung zwischen bewußten und unbewußten psychischen Zuständen kann das anthropologische Fundament der analytischen Therapie begründen. Die Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken für psychische Zustände ist aus der Ich-Perspektive (aus der sie direkt gewußt werden, ihr Bewußtsein in der wortsprachlichen Expression besteht) und der Beobachter-Perspektive (aus der auf das Bestehen des nämlichen Zustandes nur indirekt aufgrund des körpersprachlichen Ausdrucksverhaltens der Person geschlossen werden kann) dieselbe. Im Falle unbewußter psychischer Zustände entspricht diesen keine wortsprachliche Äußerung der Person aus der Ich-Perspektive; umgekehrt: was die Person über den eigenen psychischen Zustand sagt, ist nicht durch das gedeckt, was andere wahrnehmen können. Die Differenz zwischen körpersprachlicher, unbewußter und wortsprachlicher, bewußter Selbstdarstellung konstituiert als menschliche Bedingung die analytische Situation als eine dialogische Situation. In ihr wird zusammenzufügen versucht, was im frühen wort- und körpersprachlichen Dialog zwischen Mutter/Vater und Kind, zwischen Ausdruck (Botschaft) und Wahrnehmung (Sich-angesprochen-fühlen) getrennt werden mußte. Denn auf dem Weg der allmählichen (Wort-) Sprachfindung, dem Prozeß des Bewußtwerdens, können die psychischen Zustände, deren Bewußtwerden die psychische Organisation des Kindes überfordern würde, nicht mit den zugehörigen Wörtern zur Sprache kommen, sie bleiben als verdrängt im Unbewußten zurück, zeigen sich u. U. als Symptom im Verhalten. Wegen der Asymmetrie zwischen dem psychischen Vermögen des Kindes und dem bewußten und unbewußten psychischen Vermögen der Erwachsenen ist Verdrängung als Reaktion des Kindes auf die »rätselhafte Botschaft« der Erwachsenen» (Laplanche), ebenfalls eine menschliche Bedingung.