Die Denkprozesse des Psychoanalytikers. Vom Zuhören zur Interpretation - Jahrbuch der Psychoanalyse 33

von: Evelyne Albrecht Schwaber, Friedrich-Wilhelm Eickhoff; Wolfgang Loch; Hermann Beland; Ludger M. Her

frommann-holzboog Verlag Jahrbuch der Psychoanalyse, 1994

ISBN: 0009410033203 , 24 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

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Die Denkprozesse des Psychoanalytikers. Vom Zuhören zur Interpretation - Jahrbuch der Psychoanalyse 33


 

Freuds Wendung zur »psychischen Realität« als eigentlichem psychoanalytischem Terrain beinhaltet umfassende epistemologische und klinische Herausforderungen und ändert zutiefst unser Verständnis dessen, was wir wirklich nennen, und auf welche Weise wir es tun. Die Erforschung der inneren Realität des Patienten als fundamentaler Informationsquelle bietet eine außerordentliche Gelegenheit, die zugleich schwer greifbar bleibt: außerordentlich, weil es ein Gefühl der Entdeckung und Erkenntnis hervorrufen kann, wenn es uns gelingt, den Zugang zur inneren Welt des Patienten zu finden; schwer greifbar, weil unsere eigenen Annahmen und Vorlieben uns andauernd in eine bestimmte Richtung ziehen wollen, weg von der tiefen Erfahrung des Patienten. In meiner Arbeit versuche ich, in der Unmittelbarkeit des analytischen Augenblicks so genau wie möglich auf die verbalen und nicht-verbalen Mitteilungen zu achten. Ich versuche, Verhalten und Aussagen ins Licht zu rücken, die von beiden festgestellt und bestätigt werden können; ich versuche, meine eigenen Schlußfolgerungen möglichst gering zu halten und nach Möglichkeiten im Sinn einer Äußerung zu suchen, die mir bisher entgangen sein könnten. Trotz dieser fundamentalen und anscheinend selbstverständlichen Prinzipien versage ich jedoch bei diesem Versuch, indem ich mich auf einen Standpunkt zurückziehe, der sich später als irriger Glaube an die größere »Weisheit« meiner eigenen Position entpuppt. Ich berichte von einem klinischen Fall als Illustration für meine Bemühungen, dem Patienten zuzuhören, und für die Schwierigkeiten, auf die ich dabei stoße. Aus Gründen, die mit mir zu tun hatten, aber mir damals verborgen geblieben sind - und die auch genau mit den Abwehrprozessen des Patienten übereinstimmten - ging ich an einer wesentlichen Dimension seiner Erfahrung vorbei. Ich wußte nicht genau, daß ich es getan hatte, und mein Patient genausowenig, aber ich bemerkte es später, als ich endlich wahrnehmen konnte, es war etwas Essentielles da, das ich nicht verstanden hatte. Diese Erkenntnisse - einmal ausgesprochen - eröffneten dem Patienten Aussichten auf tief vergrabene Teile seiner psychischen Realität. Sie bargen die Fähigkeit in sich, tiefgreifende Veränderungen zu bewirken. Mein eigener Kampf war von einer Art, glaube ich, die noch weiterreichende, vielleicht sogar universelle Implikationen hat.