Kinder unter dem Joch des Nationalsozialismus - Jahrbuch der Psychoanalyse 28

von: Judith S. Kestenberg, Friedrich-Wilhelm Eickhoff; Wolfgang Loch; Hermann Beland; Edeltrud Meisterman

frommann-holzboog Verlag Jahrbuch der Psychoanalyse, 1991

ISBN: 0009410028206 , 31 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

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Kinder unter dem Joch des Nationalsozialismus - Jahrbuch der Psychoanalyse 28


 

Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen multipler Verfolgungen und Deprivationen auf die Psyche von Kindern. Hunger, unhygienische Verhältnisse, Ungeziefer, Krankheit, räumliche Enge, Frieren und Schlafmangel, verbunden mit Trennung von der Familie, stellten einen Angriff auf den Kern des kindlichen Selbst dar und führten zur Apathie und dem Wunsch nach einem friedlichen Tod. Ein Vorrat von primärem Narzißmus und die Affirmation des Narzißmus durch Nahestehende, sowie die Gelegenheit, Aggression nach außen zu wenden, förderten die Überlebenschancen. Fehlen von privatem Raum, Beeinträchtigung der Selbsterhaltung durch Schwächung oder Verjagtwerden und das Fehlen von zeitlichen Orientierungspunkten beraubten das heranwachsende Kind der primären Ich-Funktionen, die er/sie in den ersten Lebensjahren entwickelt hatte. Die intellektuelle Neugier der Kinder wurde erstickt. Doch die Befreiung und gute Gelegenheiten zu Gesundheitsfürsorge und Erziehung brachten einen außerordentlichen Lerneifer und eine über dem Durchschnitt gelegene Kreativität hervor. Die Auswirkung der Gesetzlosigkeit und der Gewalt auf das Über-Ich war erheblich, aber auch hier restituierte eine gute moralische Umgebung das Wertgefühl der Kinder. Trotz der großen Anpassungsfähigkeit der Kinder blieb noch ein Kern von Depression und Furcht zurück. Obwohl viele Kinder, nicht nur jüdische, verfolgt und depriviert wurden, waren es jüdische Kinder, die am meisten unter dem Ansturm auf ihr Selbstgefühl und ihre Identität litten. Die Auswirkung auf das Über-Ich der Kinder, die unter dem Nazi- joch erzogen wurden, war beträchtlich, da ihr Gewissen durch die „Stimme des Führers ersetzt wurde. Schließlich wird die Vermutung nahegelegt, daß der Haß auf die Juden, die das Kindesopfer abgeschafft hatten, aus der Feindseligkeit der Nazis auf ihre eigenen Kinder und ihrem Wunsch erwuchs, sie auf dem Altar ihrer heidnischen Götter zu opfern.