Freud und Fließ im wissenschaftlichen Gespräch. Das Neurasthenieprojekt von 1893 - Jahrbuch der Psychoanalyse 22

von: Michael Schröter, Friedrich-Wilhelm Eickhoff; Wolfgang Loch; Hermann Beland; Edeltrud Meistermann-Se

frommann-holzboog Verlag Jahrbuch der Psychoanalyse, 1988

ISBN: 0009410022206 , 43 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

Mehr zum Inhalt

Freud und Fließ im wissenschaftlichen Gespräch. Das Neurasthenieprojekt von 1893 - Jahrbuch der Psychoanalyse 22


 

Angeregt durch die vollständige Ausgabe der Fließ-Briefe, wird der sachliche Gehalt der Beziehung zwischen Freud und Fließ anhand eines gemeinsamen Forschungsprojekts untersucht, das 1893 geplant (aber nie verwirklicht) wurde. Es war auf die extensive Verwertung von Praxisaufzeichnungen zugeschnitten, im Einklang mit Fließschen, aber im Gegensatz zu Freudschen Gewohnheiten, und verweist auf eine Konkurrenzsituation wissenschaftlich ambitionierter Ärzte gegenüber Universitätsmedizinern. Ein Hauptziel war die nosographische Klärung des diffusen Bildes der »Neurasthenie«. Zu diesem Zweck hatte Fließ bereits ein Buch über die »nasale Reflexneurose« vorgelegt, das seine Neigung zu deskriptiver Klassifikation belegt, während Freud, gestützt auf ein Prinzip der an typischen Beispielen (»Initialfällen«) manifestierten Gestalt, stets um ein ätiologisch-theoretisches Verständnis bemüht war. Diesen Impetus hat er auch gegenüber Fließ zur Geltung gebracht. Das Projekt fällt in eine breite Aufschwungphase der wissenschaftlichen Arbeit Freuds im Herbst 1892, gekennzeichnet durch eine Abwandlung seiner Technik, eine Ausdehnung seines Forschungsbereichs auf alle Neurosen, die Erkundung ihrer sexuellen Ätiologie und eine Psychologisierung seiner (mit Breuer entwickelten) Hysterietheorie (Entdeckung der Abwehr). Damit gewann das Körper-Seele-Problem für ihn eine neue Virulenz. Es gab bei Fließ Anknüpfungspunkte zum Interesse an der Sexualität, aber als klares Thema hat er sie von Freud übernommen. Seine Funktion war es damals und blieb es weiter, den Thesen Freuds eine organologische Untermauerung zu geben, zentriert um eine Sexualtheorie. So entlastete er dessen (natur)wissenschaftliches Gewissen und erleichterte ihm den Aufbau der psychoanalytischen Theorie in ihrer psychologischen Form.