Gewissensfreiheit und die Grenzen des Staates - Allgemeine Zeitschrift für Philosophie: Heft 48.1/2023

Gewissensfreiheit und die Grenzen des Staates - Allgemeine Zeitschrift für Philosophie: Heft 48.1/2023

von: Michael Oliva Córdoba, Andreas Hetzel; Eva Schürmann; Harald Schwaetzer

frommann-holzboog Verlag AZP, 2023

ISBN: 9104801202000 , 35 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

Mehr zum Inhalt

Gewissensfreiheit und die Grenzen des Staates - Allgemeine Zeitschrift für Philosophie: Heft 48.1/2023


 

Um das achtzehnte Jahrhundert herum zogen verschiedene Denker dem Staat eine auch heute noch vielbeachtete Grenze: Religion ist Privatsache. Fragen der Religion lägen jenseits dessen, wo der Staat legitimerweise wirken könne. Diese Forderung nach einer Trennung von Staat und Religion wird heute wesentlich als eine Frage der Gewissensfreiheit gedeutet. Wo wir Gewissensfreiheit missachten, erlegen wir Individuen unzumutbare Gewissensnöte auf. Der Laizismus bewahrt damit die Unverletzlichkeit religiöser Einstellungen. Gewissensfragen gibt es jedoch nicht nur in der Religion. Es gibt sie auch in der Moral, und sogar in individuellen Lebensperspektiven und Weltanschauungen jenseits von Religion und Moral. Wer Denkern wie Jefferson und Humboldt folgen will, muss daher weiter gehen. Der Aufsatz entwickelt die Konsequenzen für einen in Hobbes und Locke gründenden Kontraktualismus. Ich deute Gewissensgründe als politischen Zustimmungsvorbehalt, der dem kontraktualistischen Gemeinwesen strikte Neutralität abverlangt. Gewissensfreiheit zu missachten zerstört daher das politische, das „Locke’sche“ Vertrauen, welches das Gemeinwesen trägt.

Around the eighteenth century, several theorists came to advocate the separation of religion and state. In various ways they argued that all that concerns religion lies beyond the sphere of the state’s activity. This “ wall of separation” is today often understood as a matter of freedom of conscience. Where freedom of conscience is infringed, man’s soul is burdened beyond what the individual can bear. The separation of religion and state thus protects the inviolability of religious attitudes. However, matters of conscience are not exclusively religious. They can be moral, or even pertaining to individual worldviews beyond morality or religion. Those who want to follow thinkers like Jefferson or Humboldt must therefore go beyond their call. This paper investigates the consequences for contractarianism in the spirit of Hobbes and Locke. I suggest conscientious reservations are implied conditions for contractarian consent which oblige the commonwealth to strict neutrality in matters of freedom of conscience. To infringe upon freedom of conscience thus destroys the bond of the commonwealth, i.e., political, “Lockean” trust.